Gleschendorf

Geschichte eines Kirchspieldorfes in Ostholstein

Titel Gleschendorf

Von Regina und Wolfram Kummer

Über die Geschichte Gleschendorfs in der Gemeinde Scharbeutz liegt nun die erste Chronik als umfassendes Buch vor. Die Autoren Regina und Wolfram Kummer, beide ehemalige Geschichtslehrer, berichten in 21 Kapiteln aus 2500 Jahren Siedlungs- und Ortsgeschichte.

Erstmals beschrieben wird hier der Urnenfriedhof aus der vorrömischen Eisenzeit (500 bis 200 v. Chr. /Jastorf-Kultur), der bei Baggerarbeiten 2003/04 auf der Heuserschen Koppel ausgegraben wurde. Besonders der Vergleich mit den früher auf der Dunkerschen Koppel gefundenen Urnen (ca. 200 n. Chr.) gibt Aufschluss über die damalige Bevölkerung.

Nachdem die Sweben abgewandert waren, wurde Gleschendorf/Goleskendorp ab dem 8. Jahrhundert slawische Siedlung zwischen der Schwartaubiegung (slaw. `swart`) im Osten und der kahlen Heide (slaw. ‚golja‘) im Westen und gelangte danach in den Besitz der Grafen von Buchwaldt, deren Familie slawische Wurzeln hatte. Als diese den größeren Teil des Dorfes an das Heiligen-Geist-Hospital in Lübeck verkauften, während der kleinere den Plöner Herzögen unterstand, begannen die komplizierten Herrschaftsverhältnisse des „geteilten Dorfes“ – lübsch und ahrensbökisch, holsteinisch, dänisch und kurzzeitig teils sogar russisch.

Die Darstellung der Gleschendorfer Kirchengeschichte (Ersterwähnung 1259) reicht bis in die Gegenwart: Bau- und Kunstgeschichte, Orgeln, Pastoren, Friedhöfe und kirchliches Leben – alles solide recherchiert und verständlich geschrieben. Vom Leben der Bauern – mit Abdruck der Flurkarte von 1755 und Auflistung der Besitzverhältnisse -, vom Handwerk, den vier Mühlen und den Industrialisierungsversuchen infolge der Bahnanbindung, von über 50 Gilden und Vereinen, von der Medizingeschichte und auch von Kriminal- und Unglücksfällen wird berichtet. Viel Neues kommt zum Vorschein, denn die Autoren konnten die erst seit 2006 zugänglichen Akten des Heiligen-Geist-Hospitals auswerten.

Mit Gleschendorf im Nationalsozialismus befasst sich Erik Herfurth in einem sachkundigen Beitrag. Das Dorfleben im Dritten Reich, in manchen Chroniken gern ausgespart, wird vom Autoren aufgrund seiner umfangreicher Presserecherchen eindrucksvoll vorgestellt.

Die Sachtexte werden durch Dorfgeschichten belebt, wie sie die Autoren von Zeitzeugen hörten oder in den Zeitungen und Archiven fanden. Die zahlreichen Fotos und Abbildungen tragen zur Unmittelbarkeit des Buches bei, und die Luftaufnahmen am Schluss lassen den Blick vom Dorf über die Seenplatte zur Ostsee schweifen. So präsentiert sich diese Dorfchronik als lebhafter Beitrag zur Heimatkunde und erfüllt den Anspruch der Autoren, “Geschichte von unten“ vorzutragen.

Hannelore Bollmann, Verein für Heimatgeschichte der Gemeinde Scharbeutz

416 Seiten; 420 teils farbige Bilder, Luftaufnahmen, Karten und Tabellen

April 2008
Herstellung: struve-druck, Eutin
ISBN 978-3-923457-84-7
Preis 28,00 €